musée de l'œil

Ausbildung

Jules Gonin wird am 10. August 1870 in Lausanne geboren. Sein Vater, der Buchdrucker geworden war, hatte ein klassisches Studium am Collège de Genève und anschliessend an der Académie de Lausanne absolviert. Er heiratete die Tochter eines Apothekers aus Thun im Kanton Bern.

Jules Gonin verbringt seine Schulzeit in Lausanne und erlangt 1888 einen Abschluss in Philologie. Er lernt lateinisch, griechisch und deutsch. Durch seine häufigen Aufenthalte bei der Familie seiner Mutter in Thun lernt er auch Schweizerdeutsch, das er fliessend spricht.

Jules Gonin tritt in die Wissenschaftliche Fakultät der Académie de Lausanne und dann in die gerade im Rahmen der Universität Lausanne 1890 eröffnete Ecole de Médecine ein. Prof. Marc Dufour (1843-1910), Inhaber des ersten Lehrstuhls für Ophthalmologie an der Fakultät, ist beeindruckt von der brillanten Auffassungsgabe Gonins im Unterricht und bei den praktischen Übungen. Er bittet den jungen Studenten, seinen einzigen, krank gewordenen Assistenten zu ersetzen, und Gonin erledigt seine Aufgabe sehr gut. Es ist der Beginn einer langen Freundschaft und einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den beiden Männern.

1894 schliesst Gonin sein Medizinstudium ab. Für seine zwischen 1891 und 1892 geschriebene Arbeit Recherche sur la métamorphose des lépidoptères wird er von der Universität Lausanne ausgezeichnet. In seiner ersten Veröffentlichung stellt er seine Fähigkeiten als Beobachter und äusserst talentierter Zeichner unter Beweis. Er hat ein grosses Interesse an Schmetterlingen, von denen er eine ansehnliche Sammlung zusammenträgt.

Nach einem Praktikum in pathologischer Anatomie wird er 1896 fester Assistent von Prof. Marc Dufour in der Universitätsabteilung für Ophthalmologie in Lausanne.

Er erklimmt die ersten Stufen der Karriereleiter, zuerst als Klinikverantwortlicher, dann als Privatassistent seines Meisters Dufour und schliesslich als Oberarzt, während er Weiterbildungen an den Augenkliniken von Zürich, Paris, London, Berlin, Rostock, Göttingen, Heidelberg, Wien und Prag absolviert.

Blindenheim (Asile des aveugles)

1899 heiratet Jules Gonin Hélène Roud. Sie unterstützt die medizinische und wissenschaftliche Laufbahn ihres Mannes anonym, aber sehr effizient, indem sie die Papiere ordnet, die ihr zerstreuter Gatte leicht verlegt, die von ihm diktierten Briefe und Arbeiten zu Papier bringt und seine Patientenkartei auf dem neusten Stand hält. 1901 wird Jules Gonin zum Oberarzt des Blindenheims und 1903 zum Privatdozenten der Universität Lausanne ernannt.

Prof. Marc Dufour wird 1901 mit dem wichtigen Kapitel der Netzhauterkrankungen für die Encyclopédie française d'ophtalmologie betraut. Er zieht Gonin zur Unterstützung für seine bibliografischen Recherchen und die Abfassung seines Texts bei. Für Gonin ist dies die Gelegenheit, alles zu überprüfen, was bis dahin über Netzhauterkrankungen geschrieben worden ist, insbesondere über die theoretischen und praktischen Probleme im Zusammenhang mit Netzhautablösungen. Der vierte Band der Encyclopédie française d'ophtalmologie erscheint 1906, und auf 50 der 367 von Dufour und Gonin über die Netzhauterkrankungen beigesteuerten Seiten wird das Thema Netzhautablösungen behandelt.

In den folgenden zehn Jahren veröffentlicht Gonin zahlreiche Artikel zu verschiedenen Themen: Erkrankungen des Sehnervs, Ambylopien und Amaurosen, Neuroophthalmologie und Strabismus. Gleichzeitig forscht er weiter an einem Thema, das ihn begeistert: die Netzhautablösung.

Der abrupte Tod von Marc Dufour im Sommer 1910 trifft Jules Gonin schwer. Zu seinem Nachfolger ernennen der Kanton Waadt und die Universität Lausanne Samuel Eperon, der nicht zu den an der Augenklinik des Blindenheims tätigen Ärzten gehört. Daher wird eine neue Abteilung für Ophthalmologie am Universitätsspital gegründet, aber die Augenklinik des Blindenheims und die dazugehörige Poliklinik arbeiten wie zuvor weiter mit ihren Ärzten. Auguste Dufour, der Neffe des verstorbenen Professors, wird zum Chefarzt befördert. Er und Jules Gonin setzen ihre Lehrtätigkeit im Blindenheim als Privatdozenten fort. 1918 bittet Dr. Dufour den Stiftungsrat des Blindenheims, aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Chefarzt entbunden zu werden. Daraufhin wird Gonin zu Dufours Nachfolger und nach dem Tod von Prof. Samuel Eperon 1920 zum Professor für Ophthalmologie ernannt. So kehrt die Universitätsabteilung für Ophthalmologie in Lausanne wieder in die Räumlichkeiten des Blindenheims zurück.

Von 1908 bis 1920 befasst sich Jules Gonin mit der Untersuchung von Augenerkrankungen nach einer Netzhautablösung. Er analysiert mit grösster Sorgfalt die Lage der Risse, ihren Bezug zum Glaskörper und die Verwachsungen. 1913 werden bei einem Traumapatienten erste Thermopunktionen mit gutem Ergebnis durchgeführt, und 1916 folgt ein Fall mit idiopathischer Netzhautablösung bei einer Frau, die seit über 15 Jahren an dieser Erkrankung litt. Gonin präsentiert den Fall der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft und zeigt sich überzeugt, dass Netzhautablösungen fast immer mit einem Riss zusammenhängen und es daher möglich ist, diese Erkrankung zu behandeln, indem der Riss geschlossen wird.

Von 1919 bis 1934 werden 40 Beiträge zur Pathogenese und Behandlung der Netzhautablösung veröffentlicht. Ausserdem hält Gonin zahlreiche Vorträge an nationalen und internationalen Kongressen. Seine neuen Theorien stossen zunächst auf völlige Gleichgültigkeit, erobern dann aber nach und nach die Welt der Wissenschaft.

Stunde der Anerkennung

Zwar werden Gonins Theorien 1929 am Internationalen Ophthalmologie-Kongress in Amsterdam endlich einhellig anerkannt, aber seine Stunde des Ruhmes schlägt erst am Internationalen Ophthalmologie-Kongress in Madrid 1933 mit der Anerkennung der Ophthalmologen aus aller Welt. 1934 veröffentlicht er das Werk seines Lebens: Le Décollement de la rétine: pathogénie, traitement.

Diese grundlegende Arbeit über Ursachen und Behandlung von Netzhautablösungen trägt ihm zahlreiche Auszeichnungen ein: 1929 erhält er den Prix Marcel Benoist. Dieser wird einer Person verliehen, die Wissenschaft und Medizin in der Schweiz vorangebracht hat. 1933 erhält er in Glasgow die William-Mackenzie-Medaille. Vier Tage vor seinem plötzlichen Tod am 10. Juni 1935 aufgrund einer Hirnblutung erhält er den Ehrendoktortitel der Universität Strassburg. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft verleiht ihm schliesslich am 4. September 1939 posthum die Graefe-Medaille. Gonin wird zwar für den Nobelpreis vorgeschlagen, erhält die Auszeichnung jedoch nicht.

Im Gedenken an diesen aussergewöhnlichen Mediziner schaffen die Universität Lausanne und die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft 1937 die Gonin-Medaille: Die prestigeträchtigste Auszeichnung im Bereich der Augenheilkunde wird alle vier Jahre am Internationalen Ophthalmologie-Kongress einem durch ein Gremium aus eminenten Spezialisten gewählten Ophthalmologen verliehen. Zu Gonins 100. Geburtstag wird in Lausanne bei der Augenklinik, in der die Universitätsabteilung für Ophthalmologie der Stadt angesiedelt ist und wo er immer gearbeitet hat, auch eine Strasse nach ihm benannt. Schliesslich trägt auch ein 1959 gegründeter Club seinen Namen, der alle zwei Jahre Spezialisten für Erkrankungen und Chirurgie des Glaskörpers, der Netzhaut und der Chorioidea an einem Kongress zusammenführt. Dieser Club ist der älteste und einer der prestigeträchtigsten für Spezialisten der Augenheilkunde.

Das grosse Verdienst von Jules Gonin besteht darin, die Ursache für die Netzhautablösung - eine bis dahin unheilbare schwere Augenerkrankung - gefunden und eine wirksame Behandlung entwickelt zu haben. Dabei handelt es sich um ein in der Medizingeschichte einzigartiges Beispiel. Jules Gonin war ein Wohltäter der Menschheit.

Ausbildung

Jules Gonin wird am 10. August 1870 in Lausanne geboren. Sein Vater, der Buchdrucker geworden war, hatte ein klassisches Studium am Collège de Genève und anschliessend an der Académie de Lausanne absolviert. Er heiratete die Tochter eines Apothekers aus Thun im Kanton Bern.

Jules Gonin verbringt seine Schulzeit in Lausanne und erlangt 1888 einen Abschluss in Philologie. Er lernt lateinisch, griechisch und deutsch. Durch seine häufigen Aufenthalte bei der Familie seiner Mutter in Thun lernt er auch Schweizerdeutsch, das er fliessend spricht.

Jules Gonin tritt in die Wissenschaftliche Fakultät der Académie de Lausanne und dann in die gerade im Rahmen der Universität Lausanne 1890 eröffnete Ecole de Médecine ein. Prof. Marc Dufour (1843-1910), Inhaber des ersten Lehrstuhls für Ophthalmologie an der Fakultät, ist beeindruckt von der brillanten Auffassungsgabe Gonins im Unterricht und bei den praktischen Übungen. Er bittet den jungen Studenten, seinen einzigen, krank gewordenen Assistenten zu ersetzen, und Gonin erledigt seine Aufgabe sehr gut. Es ist der Beginn einer langen Freundschaft und einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den beiden Männern.

1894 schliesst Gonin sein Medizinstudium ab. Für seine zwischen 1891 und 1892 geschriebene Arbeit Recherche sur la métamorphose des lépidoptères wird er von der Universität Lausanne ausgezeichnet. In seiner ersten Veröffentlichung stellt er seine Fähigkeiten als Beobachter und äusserst talentierter Zeichner unter Beweis. Er hat ein grosses Interesse an Schmetterlingen, von denen er eine ansehnliche Sammlung zusammenträgt.

Nach einem Praktikum in pathologischer Anatomie wird er 1896 fester Assistent von Prof. Marc Dufour in der Universitätsabteilung für Ophthalmologie in Lausanne.

Er erklimmt die ersten Stufen der Karriereleiter, zuerst als Klinikverantwortlicher, dann als Privatassistent seines Meisters Dufour und schliesslich als Oberarzt, während er Weiterbildungen an den Augenkliniken von Zürich, Paris, London, Berlin, Rostock, Göttingen, Heidelberg, Wien und Prag absolviert.

Blindenheim (Asile des aveugles)

1899 heiratet Jules Gonin Hélène Roud. Sie unterstützt die medizinische und wissenschaftliche Laufbahn ihres Mannes anonym, aber sehr effizient, indem sie die Papiere ordnet, die ihr zerstreuter Gatte leicht verlegt, die von ihm diktierten Briefe und Arbeiten zu Papier bringt und seine Patientenkartei auf dem neusten Stand hält. 1901 wird Jules Gonin zum Oberarzt des Blindenheims und 1903 zum Privatdozenten der Universität Lausanne ernannt.

Prof. Marc Dufour wird 1901 mit dem wichtigen Kapitel der Netzhauterkrankungen für die Encyclopédie française d'ophtalmologie betraut. Er zieht Gonin zur Unterstützung für seine bibliografischen Recherchen und die Abfassung seines Texts bei. Für Gonin ist dies die Gelegenheit, alles zu überprüfen, was bis dahin über Netzhauterkrankungen geschrieben worden ist, insbesondere über die theoretischen und praktischen Probleme im Zusammenhang mit Netzhautablösungen. Der vierte Band der Encyclopédie française d'ophtalmologie erscheint 1906, und auf 50 der 367 von Dufour und Gonin über die Netzhauterkrankungen beigesteuerten Seiten wird das Thema Netzhautablösungen behandelt.

In den folgenden zehn Jahren veröffentlicht Gonin zahlreiche Artikel zu verschiedenen Themen: Erkrankungen des Sehnervs, Ambylopien und Amaurosen, Neuroophthalmologie und Strabismus. Gleichzeitig forscht er weiter an einem Thema, das ihn begeistert: die Netzhautablösung.

Der abrupte Tod von Marc Dufour im Sommer 1910 trifft Jules Gonin schwer. Zu seinem Nachfolger ernennen der Kanton Waadt und die Universität Lausanne Samuel Eperon, der nicht zu den an der Augenklinik des Blindenheims tätigen Ärzten gehört. Daher wird eine neue Abteilung für Ophthalmologie am Universitätsspital gegründet, aber die Augenklinik des Blindenheims und die dazugehörige Poliklinik arbeiten wie zuvor weiter mit ihren Ärzten. Auguste Dufour, der Neffe des verstorbenen Professors, wird zum Chefarzt befördert. Er und Jules Gonin setzen ihre Lehrtätigkeit im Blindenheim als Privatdozenten fort. 1918 bittet Dr. Dufour den Stiftungsrat des Blindenheims, aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Chefarzt entbunden zu werden. Daraufhin wird Gonin zu Dufours Nachfolger und nach dem Tod von Prof. Samuel Eperon 1920 zum Professor für Ophthalmologie ernannt. So kehrt die Universitätsabteilung für Ophthalmologie in Lausanne wieder in die Räumlichkeiten des Blindenheims zurück.

Von 1908 bis 1920 befasst sich Jules Gonin mit der Untersuchung von Augenerkrankungen nach einer Netzhautablösung. Er analysiert mit grösster Sorgfalt die Lage der Risse, ihren Bezug zum Glaskörper und die Verwachsungen. 1913 werden bei einem Traumapatienten erste Thermopunktionen mit gutem Ergebnis durchgeführt, und 1916 folgt ein Fall mit idiopathischer Netzhautablösung bei einer Frau, die seit über 15 Jahren an dieser Erkrankung litt. Gonin präsentiert den Fall der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft und zeigt sich überzeugt, dass Netzhautablösungen fast immer mit einem Riss zusammenhängen und es daher möglich ist, diese Erkrankung zu behandeln, indem der Riss geschlossen wird.

Von 1919 bis 1934 werden 40 Beiträge zur Pathogenese und Behandlung der Netzhautablösung veröffentlicht. Ausserdem hält Gonin zahlreiche Vorträge an nationalen und internationalen Kongressen. Seine neuen Theorien stossen zunächst auf völlige Gleichgültigkeit, erobern dann aber nach und nach die Welt der Wissenschaft.

Stunde der Anerkennung

Zwar werden Gonins Theorien 1929 am Internationalen Ophthalmologie-Kongress in Amsterdam endlich einhellig anerkannt, aber seine Stunde des Ruhmes schlägt erst am Internationalen Ophthalmologie-Kongress in Madrid 1933 mit der Anerkennung der Ophthalmologen aus aller Welt. 1934 veröffentlicht er das Werk seines Lebens: Le Décollement de la rétine: pathogénie, traitement.

Diese grundlegende Arbeit über Ursachen und Behandlung von Netzhautablösungen trägt ihm zahlreiche Auszeichnungen ein: 1929 erhält er den Prix Marcel Benoist. Dieser wird einer Person verliehen, die Wissenschaft und Medizin in der Schweiz vorangebracht hat. 1933 erhält er in Glasgow die William-Mackenzie-Medaille. Vier Tage vor seinem plötzlichen Tod am 10. Juni 1935 aufgrund einer Hirnblutung erhält er den Ehrendoktortitel der Universität Strassburg. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft verleiht ihm schliesslich am 4. September 1939 posthum die Graefe-Medaille. Gonin wird zwar für den Nobelpreis vorgeschlagen, erhält die Auszeichnung jedoch nicht.

Im Gedenken an diesen aussergewöhnlichen Mediziner schaffen die Universität Lausanne und die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft 1937 die Gonin-Medaille: Die prestigeträchtigste Auszeichnung im Bereich der Augenheilkunde wird alle vier Jahre am Internationalen Ophthalmologie-Kongress einem durch ein Gremium aus eminenten Spezialisten gewählten Ophthalmologen verliehen. Zu Gonins 100. Geburtstag wird in Lausanne bei der Augenklinik, in der die Universitätsabteilung für Ophthalmologie der Stadt angesiedelt ist und wo er immer gearbeitet hat, auch eine Strasse nach ihm benannt. Schliesslich trägt auch ein 1959 gegründeter Club seinen Namen, der alle zwei Jahre Spezialisten für Erkrankungen und Chirurgie des Glaskörpers, der Netzhaut und der Chorioidea an einem Kongress zusammenführt. Dieser Club ist der älteste und einer der prestigeträchtigsten für Spezialisten der Augenheilkunde.

Das grosse Verdienst von Jules Gonin besteht darin, die Ursache für die Netzhautablösung - eine bis dahin unheilbare schwere Augenerkrankung - gefunden und eine wirksame Behandlung entwickelt zu haben. Dabei handelt es sich um ein in der Medizingeschichte einzigartiges Beispiel. Jules Gonin war ein Wohltäter der Menschheit.

Jules Gonin opérant à Lausanne, vers 1930

Jules Gonin beim Operieren

Lausanne, ca. 1930

Von links nach rechts: Dr. O. Dufour, Prof. J. Gonin, Dr. N. Chomé-Bercioux